Menschenrechte sind eine aus historischen Erfahrungen hervorgegangene entwickelte Konzeption einer weltweit akzeptierbaren Moral und zugleich auch ein politisches Instrument. Daraus formuliert sich die allgemeine Akzeptanz der Menschenrechte. Die faktische Anerkennung der Menschenrechte als spezielle moralische Rechte, die lebenswichtige Interessen durch effektive Institutionen schützen sollen, basiert auf einem globalen, minimalen und übergreifenden Konsens unterschiedlicher Moralauffassungen.[1] Zentraler Bestandteil einer moralphilosophischen Untersuchung zur Lage und Umsetzung von Menschenrechten auferlegt auch eine Analyse des Verhältnisses zwischen Menschenrechten und Staatlichkeit überhaupt. Da der Staat nicht nur in rechtswissenschaftlichen und politischen Theorien, sondern auch in der Philosophie als der eigentliche Adressat von Menschenrechten gilt: Im Gegensatz zu moralischen Rechten richten sich Menschenrechte nicht an einzelne Individuen, sondern an den Staat bzw. politische Institutionen. Die Gründe, den Staat derart in die Pflicht zu nehmen, sind einerseits empirisch-pragmatischer und andererseits normativer Art. Der Staat verfügt zum einen über die entsprechende Sanktionsmacht, Menschenrechte durchzusetzen und mit den Mitteln des positiven Rechts einzuklagen.[2] Im untersuchten Fallbeispiel Rumäniens ist der Staatsapparat und die ihm untergeordneten Institutionen vornehmlich verantwortlich für die niederträchtige Menschenrechtslage in den nationalen Haftanstalten. Insbesondere in Anbetracht auf die gegenwärtige Rolle Rumäniens als EU-Ratspräsidentschaft, wird die inländische Menschenrechtslage sowohl auf europäischer, als auch auf globaler Ebene immer nachdrücklicher thematisiert. Aufgrund dieser Tatsache fokussiert sich die vorliegende Arbeit primär auf eine empirische Untersuchung aus moralphilosophischer Perspektive der Menschenrechtslage in den Haftanstalten Rumäniens. Daran anknüpfend wird das Verbot der Folter und unmenschlicher, erniedrigender Strafe oder Behandlung als Menschenrecht analysiert und folglich die Komplexität der inländischen Menschenrechtslage von Strafgefangenen durchdringenderer dargelegt. Somit, wird ein systematischer Einblick in die gegenwärtige Menschenrechtslage erlangt und ein Zusammenschluss zwischen der theoretischen, moralphilosophischen Perspektive und den stringenten Menschenrechtsverletzungen in den rumänischen Haftanstalten angestrebt. Schließlich, ergibt sich folgende Fragestellung: Wie lassen sich die Menschenrechte von Strafgefangenen in Rumänien aus einer moralphilosophischen Perspektive erläutern?
II. Menschenrechte und ihre moralphilosophische Begründung
Als Ausgangspunkt für eine fundierte Analyse von Menschenrechten aus einer moralphilosophischen Perspektive sollte vorerst der Begriff der Menschenwürde detaillierter ausgearbeitet werden. Einen passenden Ansatz hierfür bietet Marcus Düwells.[3] Seine Überlegungen kreisen um die These, dass man der Menschenwürde einen „substanziellen“ Gehalt zuweisen muss, will man verstehen, was genau die Menschenrechte eigentlich schützen sollen. Folglich, lässt sich festhalten, dass die Menschenwürde nicht nur als rein philosophischer Grundgedanke verstanden werden sollte, sondern darüber hinaus steht der Begriff grundlegend für alle existierenden Menschenrechte, da sich daraus alle anderen Menschenrechte ableiten lassen können.[4] Beispielgebend ist das Folterverbot[5], welches im nächsten Kapitel durchgehender analysiert wird. Der moralphilosophische Kerngehalt von Menschenwürde taucht im europäischen Denken als dignitas hominis erstmals in der römischen Stoa, und zwar bei Cicero auf, in dem sich erstmalig die Idee einer universalen und egalitären Würde des Menschen, die ihn aus der kosmologischen Weltordnung heraushebt. Allerdings versteht Cicero unter Würde eine „tugendethische Leistung“, zu der wir als Menschen „verpflichtet“ sind, die wir aber stets auch verfehlen können.[6] In Bezug auf den möglichen Beitrag der politischen Philosophie zur Verwirklichung der Menschenrechte sollte ihre praktische Funktion, die philosophische Kernaufgabe allein in der Ausarbeitung und Verteidigung von Menschenrechtstheorien bestehen. Indem sie nämlich das Konzept der Menschenrechte, ihre Grundprinzipien sowie ihren Inhalt entfaltet, vermag die Philosophie jenen Hintergrund auszumalen, der ausreicht, um zielführende, seien es eigene oder im Verbund mit anderen Akteuren, aber stets unter ihrer Leitung erarbeitete Vorschläge zur Verwirklichung der Menschenrechte zu unterbreiten.[7]
Allerdings, sind die Menschenrechte unausweichlich immer auch ein zentraler Gegenstand der Moralphilosophie. Man kann die Menschenrechte nicht allein als Gegenstand internationaler Verträge verstehen. Die Forderung, dass Menschenrechte akzeptiert werden müssen, ist vielmehr Ausdruck der moralischen Überzeugung, dass diese Rechte es verdienen, respektiert zu werden. Menschenrechte sind insofern Ausdruck moralischer Rechte, daher Ausdruck des moralischen Anspruchs auf die betreffenden Rechte.[8]
Eine alternative moralphilosophische Perspektive zu Menschenrechten bietet David Miller. Miller begründet die Menschenrechte in Grundbedürfnissen, wobei er Grundbedürfnisse als diejenigen Dinge charakterisiert, die jeder Mensch von einem objektiven Standpunkt aus braucht, um ein minimal gutes Leben zu führen. Dementsprechend kommen die relevanten Bedürfnisse den Menschen als Menschen zu: Grundbedürfnisse sind für Menschen, als die Wesen die sie sind, wichtig. Laut Miller müssen Grundbedürfnisse morally urgent sein und dabei allen Menschen zukommen und darüber hinaus von Menschen mit unterschiedlichen religiösen, kulturellen und politischen Überzeugungen akzeptiert sein. Hinsichtlich des letzten Punktes ist anzumerken, dass Miller zufolge die ermittelten Grundbedürfnisse nicht von restlos allen Menschen befürwortet werden müssen.[9] Von besonderem Interesse in Anbetracht auf die Menschenrechte von Strafgefangenen ist auch sein Konzept von intrinsic needs, diese werden als jene Gegenstände oder Bedingungen charakterisiert, die ein Individuum besitzen muss, um überleben zu können. Nahrung wäre ein grundlegendes intrinsic need, denn in ihrer Abwesenheit erleiden die Menschen die Schäden von Hunger und Unterernährung.[10] Dies wirft sofort die Frage auf, ob wir Schaden wirklich universell definieren können. Ein Argument das dafür sprechen würde wäre, dass wir da dadurch eine manifestere Differenzierung treffen könnten zwischen dem, was für einen Menschen wesentliche und unwesentliche Grundbedürfnisse sind. Im Hinblick auf die Problematik der Menschenrechte unter den Strafgefangenen wäre dies ein Schritt vorwärts, denn Mittels einer universellen Definierung könnten konkreter lebensnotwendige Bedürfnisse anerkannt werden und dementsprechend in die Praxis umgeleitet werden. Des Weiteren, werden die Menschenrechte im Hinblick auf das zugrunde liegende Bedürfnis definiert und anerkannt, dass ein gewisser allgemeingültiger Minimalstandard für Strafgefangene zwingend sein sollte, um ein minimal anständiges Leben in der Gesellschaft zu führen, zu der die Person angehört.[11] Im Hinblick auf den Menschenrechtsaspekt von Strafgefangenen sollte darauf hingewiesen werden, dass die Bedingungen für einen minimalen Anstand ausnahmslos in allen inländischen Haftanstalten uniform sein sollten. Eine beispielhafte Problematik ist das von ausreichend Lebensfreiraum in den Strafanstalten, mit durchschnittlich zwei Quadratmeter pro Strafgefangenen, anstatt von vier wie es die Europäische Konvention verlangt.[12]
III. Folterverbot und Menschenwürde: politische, rechtliche und moralische Verpflichtung?
Artikel 5 der Allgemeinen Erklärung für Menschenrechte (AEMR) besagt: Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.[13] Folterungen und Misshandlungen von Personen, denen die Freiheit entzogen wird, finden in der Regel in Rumänien in Haftanstalten statt, die in keiner Form zugänglich zu öffentlichen Kontrollen sind. Dies ist ein optimaler Kontext für die Anwendung grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung, welche somit völlig unkontrolliert und straffrei angewandt wird.[14] Im folgenden Kapitel wird eine Problemlage, welche auf erstem Blick nicht direkt als Foltermethode definiert werden kann, sondern vorwiegend als grausame unmenschliche und erniedrigende Behandlung: die akute Überbelegung der Haftanstalten in Rumänien erläutert. Das Strafvollzugssystem in Rumänien verzeichnet weiterhin eine der höchsten Überbelegungsraten in der Europäischen Union. Investitionen in den Ausbau der Strafvollzugsinfrastruktur könnte dabei eine langfristige Lösung für die Verbesserung der Haftbedingungen sein.[15] Die Regierung in Bukarest ratifizierte bereits im Jahr 1990 das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen, die UN-Antifolterkonvention (CAT). Im Jahr 2009 wurde zusätzlich das Fakultativprotokoll zur CAT ratifiziert und der rumänische Staat verpflichtete sich somit zur Einrichtung des Nationalen Mechanismus zur Verhütung von Folter (NPM), welche die Haftbedingungen verschärfter überwachen sollte.[16] Die bisherigen entwickelten Verfahren unter der UN-Antifolterkonvention dienen der nachträglichen Überprüfung von Foltervorwürfen, die von Einzelpersonen oder Staaten erhoben worden sind. Allerdings kommt es wegen der Komplexität der Verfahren und der langen Verfahrensdauer zu jahrelangen Wartezeiten, bis in einer Entscheidung eine Verletzung des Folterverbots festgestellt und gegebenenfalls verurteilt wird.[17] Aus der Definition der UN-Antifolterkonvention[18], der Rechtsprechung, die sich infolgedessen in regionalen und internationalen Gremien entwickelt hat und der Problematik der Menschenrechte der Strafgefangenen ist es hierbei wesentlich zwischen einem Vorgehen von Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung unterscheiden zu können. Eine erniedrigende, grausame oder unmenschliche Behandlung kann Schmerzen oder Leiden beinhalten, die weniger schwerwiegend sind als Folter und wird in der Regel eine unwillkürliche Erniedrigung des Opfers mit sich bringen. Des Weiteren sollte darauf hingewiesen werden, dass ein wesentliches Element zur Differenzierung, zwischen einer grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe und einem Akt von Folter nicht nur die Schwere, sondern auch der Zweck der Handlungen ist. Dementsprechend, in Bezug auf die Misshandlungen und Verletzungen der Menschenrechte von Strafgefangenen können diese per se nicht als Folter begründet werden, da die Folterakten größten Teils nicht beabsichtigt und für einen ausdrücklichen Zweck vorgenommen werden. Das Hauptproblem für Strafgefangene in Rumänien bleibt die akute Überbelegung der Haftanstalten, ein exemplarisches Beispiel dafür ist der Fall Iacov Stanciu v. Rumänien[19] von dem Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte.
Iacov Stanciu wurde jahrelang in zahlreichen überfüllten Zellen gehalten, ohne ausreichend Zugang zu Ernährung und Gesundheitspflege, ohne genügend Zeit außerhalb der Zelle und ohne andere soziale Aktivitäten. Als Resultat der inhumanen Inhaftierung hat er im Laufe seines Freiheitsentzuges eine Reihe von chronischen und schweren Krankheiten entwickelt, darunter chronische Migräne und Neuralgie. Infolgedessen hat Iacov Stanciu zahlreiche Beschwerden nach den rumänischen Rechtsvorschriften über die Vernachlässigung der Menschenrechte der Gefangenen, die Bedingungen seiner Haft und die angeblichen Unzulänglichkeiten seiner medizinischen Behandlung eingereicht, allesamt wurden von den nationalen Gerichten abgewiesen. Dieser Vorfall spiegelt die Notwendigkeit des im vorherigen Kapitel beschriebenen Grundbedürfnisses, welches für ein menschenwürdiges Leben in den Haftanstalten unentbehrlich ist. Es sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass der Europäische Gerichtshof ein Akt der Misshandlung, unabhängig davon, ob es sich um Folter oder unmenschliche, erniedrigende Behandlung oder Strafe handelt, ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um in den Anwendungsbereich von Artikel 3 zu fallen.[20]
Abschließend sollte festgehalten werden, dass die Verletzung der Menschenrechte der Strafgefangenen in Rumänien vermehrt als Resultat von grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung stattfindet. Allerdings sollte auch in Betracht gezogen werden, dass es Fallspezifisch und je nach den Umständen auch Folter ausdrücken könnte, die Interpretation dessen, was Folter und andere Misshandlungen ausmacht, kann also nicht genau konzeptualisiert werden, es entwickelt sich ständig weiter und sorgt weiterhin für Zerwürfnisse.[21]
IV. Menschenrechte in den Haftanstalten Rumäniens. Die Komplexität der Verfahren
Nachdem in den vorherigen Kapiteln das Verbot von Folter als Menschenrecht detaillierter aufgeklärt wurde, wird im folgenden ein eingehender Einblick in das Status Quo der Menschenrechte der Strafgefangenen in den Haftanstalten Rumäniens geworfen. Rumänien ist ein post-kommunistisches Land, das erst 1990, mit dem Zusammenbruch des totalitären Staates und dem Übergang zu demokratischen Prinzipien begann, dieses Thema in seine politische und legislative Agenda aufzunehmen, demnach kann der Staat auf keine ausführliche politische, rechtliche und kulturelle Tradition zum Schutz von Menschenrechten zurückgreifen.[22] Die Menschenrechte der Strafgefangenen in den Strafanstalten sind primär durch das Völkerrecht und internationale Menschenrechtsnormen geprägt. Darunter wie im vorherigen Kapitel schon beschrieben: die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR), die Ergebnisse des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter (CPT), die Europäische Menschenrechtskonvention oder auch die UN-Mindestgrundsätze für die Behandlung der Strafgefangenen (Nelson Mandela Rules[23]). Im ausgewählten Fallbeispiel Rumänien erkennt der Staat alle proklamierten Rechte auf einer formellen Ebene an, kann sie aber aus einer Vielzahl von Gründen nicht in die Praxis implementieren. Darunter fallen: mangelndes politisches Engagement, unzureichende finanzielle Ressourcen, eine ineffiziente Implementierung von allgemeingültigen Menschenrechten, strukturelle Fehlfunktionen und vor allem fehlender Reformierungswillen seitens der staatlichen und regionalen Autoritäten.[24] Ein zentraler Aspekt, welcher in diesem Umfang nicht detaillierter analysiert werden kann, aber trotzdem erwähnt werden sollte sind die Menschenrechte von Minderheiten in den Strafanstalten. Insbesondere bezüglich der Roma Gemeinschaft, welche in Rumänien eines der größten weltweit widerspiegeln ist eine gewalttätige Kultur der Diskriminierung entstanden.
Der Anteil der Erwachsenen Strafgefangenen der Roma liegt bei 17,2% und in den Jugendzentren bei 35%.[25] Einen Lösungsansatz könnte beispielsweise durch die Schaffung von spezialisierten Strukturen für den Schutz der Rechte der Roma auf zentraler und lokaler Ebene oder durch die Initiierung von spezifischen Programmen zur Rechtsaufklärung und Kriminalprävention in Zusammenarbeit mit Mitgliedern der ethnischen Gruppe der Roma entwickelt werden. Weitere Probleme bestehen in Bezug auf die hygienischen Bedingungen, den Mangel an Privatsphäre, die schlechte Qualität der medizinischen Versorgung, die begrenzte Möglichkeiten für Arbeit und sich in anderen sozial wertvollen Tätigkeiten zu involvieren. Dies hat zur substanziellen Verschlechterung der Menschenrechtslage beigetragen. Des Weiteren, kommt es auch zu akuten Menschenrechtsverletzungen und Gewalt unter den Strafgefangenen, die staatlichen Behörden sollten dabei diese Verwundbarkeit durch wirksame Maßnahmen zu ihrem Schutz ausgleichen. Dies ist besonders wichtig, denn die Strafgefangenen sollten einen angemessenen Schutz vor anderen Insassen gewährleisten bekommen, von denen bekannt ist, dass sie eine potenzielle Bedrohung für ihr Leben und ihre Menschenrechte darstellen.[26] Ein weiteres Beispiel ist das Recht auf medizinische Versorgung, welches jedem Strafgefangenen ordnungsgemäß gewährleistet werden muss. Die Unfähigkeit, die körperliche Unversehrtheit eines Strafgefangenen durch eine angemessene medizinische Versorgung zu gewährleisten, kann ebenfalls zu einem Verstoß gegen Artikel 3 führen. Denn, eine Inhaftierung per se führt unweigerlich dazu, dass die körperliche und geistige Gesundheit eines Strafgefangenen geschädigt wird, es sei denn, es werden positive Maßnahmen ergriffen, um ein angemessenes Tätigkeitssystem zu gewährleisten. An dieser Stelle sollte besonders betont werden, dass der Menschenrechtsstandard der Strafgefangenen in Rumänien unverzüglich an die europäischen Richtlinien und Werte angepasst werden sollte. Ein realistischer Lösungsansatz für eine praktische Verbesserung der Menschenrechtslage und insbesondere zur Lösung des Problems der Überbelastungen der Haftanstalten, könnte durch den Aufbau von öffentlich-privaten Partnerschaften erzielt werden. Somit könnten die fehlenden finanziellen Ressourcen ausgeglichen werden und die existierenden Strafvollzugsanstalten nach europäischen Normen ausgebaut und modernisiert werden. Dies wäre eine lohnenswerte Aufgabe für zukünftige empirische Untersuchungen.
V. Zusammenfassung
In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, wie sich die Menschenrechte von Strafgefangenen in Rumänien aus einer moralphilosophischen Perspektive analysieren lassen. Die dargestellten Ergebnisse rechtfertigen die Aussage, dass Menschenrechte aus einer moralphilosophischen Perspektive als rein moralisch begründete Rechte an sich „schwache“ Rechte sind. Sie sind nicht im strikten Sinne einklagbar und sie verfügen bloß über „interne“ moralische Sanktionen.[27] In Anbetracht auf das zu analysierende Fallbeispiel ist dieses Argument ein zentraler Faktor. Dadurch, dass der rumänische Staat de facto die Rechte auf einer formeller Ebene anerkennt, aber diese aus einer Reihe von Gründen nicht in die Praxis implementieren kann. Darunter fallen strukturelle Fehlfunktionen und fehlender Reformierungswillen seitens der staatlichen und regionalen Autoritäten. Im Fokus der Überlegungen standen parallel mit der moralphilosophischen Dimension auch die Analyse des Verbots von Folter und Misshandlungen. Daraus ergab sich, dass es Fallspezifisch und je nach den Umständen auch Folter bedeuten könnte, die Interpretation dessen, was Folter und andere Misshandlungen ausmacht, kann im Beispiel von Strafgefangenen nicht genau konzeptualisiert werden. Des Weiteren, kann aus einer moralphilosophischen Perspektive argumentiert werden, dass die Hauptschwierigkeit mit Blick auf die moralische Dimension zufolge darin besteht, dass diese die existierende Menschenrechtspraxis zu erklären und zu begründen versuche, ohne dabei die existierende Praxis einzuschließen. Weiter noch versuchen sie die Menschenrechte in der menschlichen Natur, in spezifisch menschlichen Eigenschaften zu begründen, wobei sie davon ausgehen, dass die menschliche Natur unabhängig von der etablierten Praxis zu erfassen ist. Somit ist die moralphilosophische Dimension nicht in der Lage eindeutige, gemeinhin akzeptierte antworten auf zentrale Menschenrechtsfragen zu liefern.[28] Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine praktische Konzeption der Menschenrechte deshalb vielversprechender ist, weil zur Explikation der Menschenrechte nicht auf umstrittene moralische Begründungen, sondern auf die bestehende Menschenrechtspraxis Bezug genommen wird. Die Problematik der Menschenrechte der Strafgefangenen in Rumänien wird weiterhin in einem negativen Licht fortbestehen, solange keine praktischeren Lösungsansätze, wie etwa die Zusicherung aller Strafgefangenen mit menschenwürdigen Grundbedürfnissen versichert wird. Dies sollte von allen implizierten Akteuren im Entscheidungsprozess eingefordert werden.
[1] Sandkühler, Hans Jörg. „Recht Und Moral.” Hamburg: Meiner, 2010, S.11.
[2] Ringkamp, Daniela. „Menschenrechte, Staatlichkeit und die Rolle von Individuen.” Universität Paderborn, Institut für Humanwissenschaften/Fach Philosophie, 2011, S.3.
[3] Debus, Tessa; Kreide, Regina; Krennerich, Michael; Malowitz Karsten; Pollmann, Arnd; Zwingel, Susanne. „Philosophie der Menschenwürde.” Zeitschrift für Menschenrechte, 2010, S.7. Die Menschenrechte dienen dem „empowerment“. Sie sollen möglichst allen Menschen zu einem selbstbestimmten Leben verhelfen, indem sie genau jene individuellen und kollektiven Grundgüter unter Schutz stellen, die zu den Bedingungen eines gelingenden Lebens in „Autonomie“ zählen. Erst ein derart inhaltlich gefasster Begriff der Menschenwürde wird es möglich machen, philosophische Folgefragen nach der begrifflichen Bedeutung der Menschenrechte, nach deren innerem Zusammenhang und Umfang sowie nach deren bloß vermeintlicher Gleichgewichtigkeit zu klären.
[4] Ebd., S. 8.
[5] (Artikel 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte). Die Antifolterkonvention im Kontext der Menschenrechtsabkommen. Eines der wichtigsten, aber bis heute immer noch nicht selbstverständlichen Menschenrechte ist die Garantie, nicht gefoltert zu werden, insbesondere auch nicht zur Erzielung von Geständnissen oder Aussagen im Strafverfahren. Zusätzliche Informationen verfügbar unter: https://www.antifolterkonvention.de/die-antifolterkonvention-im-kontext-der-menschenrechtsabkommen-3342
[6] Cicero, Marcus Tullius; Nickel, Quintus Tullius; Nickel, Rainer. „De Legibus = Über Die Gesetze.” 3. Aufl. ed. Düsseldorf [u.a.]: Artemis & Winkler, 2014.
[7] Mürbe, Ulrike; Weiß, Norman. „Philosophie der Menschenrechte in Theorie und Praxis. Über Aufgaben und Grenzen praktischer Philosophie vor dem Hintergrund menschen- und völkerrechtlicher Wirklichkeiten.” Universitätsverlag Potsdam, 2018, S.83.
[8] Debus, Tessa; Kreide, Regina; Krennerich, Michael; Malowitz Karsten; Pollmann, Arnd; Zwingel, Susanne. „Philosophie der Menschenwürde”, Zeitschrift für Menschenrechte, 2010, S.73.
[9] Zitiert nach: Rechsteiner, Andrea. „Menschenrechte und ihre moralphilosophische Begründung”, Zürich, 2017, S. 58-60.
[10] Ebd., S.58. Zusätzliche Information zu alternative Konzepten zu Grundbedürfnissen: Brock, Gillian. „What do we owe others as a matter of global justice and does national membership matter?” In: Critical Review of International Social and Political Philosophy, 11:4, 2008, S. 433-448 oder Wenar, Leif. „Human Rights and Equality in the Work of David Miller.” In: Critical Review of International Social and Political Philosophy, 11:4, 2008, S. 401-411.
[11] Miller, David. „National Responsibility and Global Justice.” 1st ed. Oxford University Press, 2007, S. 180-190.
[12] Europarat. „European Prison Rules.” Strasbourg: Council of Europe Publ., 2006, S.46.
[13] UN-Vollversammlung 1948. „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte”, 217 (III) A. Paris, 1948. Online verfügbar unter: https://www.un.org/Depts/german/menschenrechte/aemr.pdf
[14] Association for the Prevention of Torture (APT) Professor Theo Van Boven (UN-Sonderberichterstatter für Folterung) zu Folter. ”Monitoring places of detention – a practical guide”, 2004, S. 7.
[15] Ministerul Justiției. „Sistemul penitenciar din România. Măsuri pentru reducerea sustenabilă a supraaglomerării și îmbunătățirea condițiilor de detenție.” (RO) „Strafvollzugssystem in Rumänien. Maßnahmen zur nachhaltigen Reduzierung der Überbelegung und Verbesserung der Haftbedingungen”, 2006, S.7.
[16] The Association for the Defense of Human Rights in Romania – the Helsinki Committee. „European Court of Human Rights Condemns Romania over Prison Conditions”. Online verfügbar unter: https://www.liberties.eu/en/news/echr-condemns-romania-prison-conditions/22
[17] Giffard, Camille. „The Torture Reporting Handbook: How to document and respond to allegations of torture within the international system for the protection of human rights.” University of Essex, Human Rights Centre, 2000, S.129.
[18] Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe BGBl. 1990 II, 1984, S. 246. Im Sinne dieses Übereinkommens bezeichnet der Ausdruck „Folter” jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind. Zusätzliche Informationen unter: https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/Pakte_Konventionen/CAT/cat_de.pdf
[19] European Court of Human Rights (ECHR). „Chamber judgment in the case of Iacov Stanciu v. Romania (application no. 35972/05), Romania must compensate prisoners exposed to poor detention conditions and continue efforts to improve the situation.” 2012. Online verfügbar unter: https://hudoc.echr.coe.int/app/conversion/pdf/?library=ECHR&id=003-4029365-4701508&filename=003-4029365-4701508.pdf.
Zusätzliche Klagen vor dem ECHR gegen Rumänien wegen Verletzung von Artikel 3 (Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung) der Europäischen Menschenrechtskonvention.: „Press release issued by the Registrar in the case of Florea v. Romania (application no. 37186/03).” Online verfügbar unter: https://hudoc.echr.coe.int/app/conversion/pdf/?library=ECHR&id=003-3260887-3639978&filename=003-3260887-3639978.pdf 2010 oder „Chamber judgment in the case of Rezmiveș and Others v. Romania (applications nos. 61467/12, 39516/13, 48213/13 and 68191/13). Detention conditions in Romanian prisons are in breach of the Convention and point to a structural deficiency requiring the adoption of general measures by the State.” 2017.
[20] United Nations Voluntary Fund for Victims of Torture (UNVFVT). „Interpretation of Torture in the Light of the Practice and Jurisprudence of International Bodies”, 2011, S. 7. Online verfügbar unter: https://www.ohchr.org/Documents/Issues/Torture/UNVFVT/Interpretation_torture_2011_EN.pdf.
[21] Bestimmte Aspekte schlechter Haftbedingungen, insbesondere in Kombination mit anderen Fällen von Misshandlung, Nahrungs- und Wasserentzug, können je nach Umständen auch Folter darstellen. Zusätzliche Informationen: „The Torture Reporting Handbook: How to document and respond to allegations of torture within the international system for the protection of human rights.” University of Essex, Human Rights Centre, 2000, S. 24.
[22] Dâmboeanu, Cristina; Pricopie, Valentina. „Drepturile persoanelor private de libertate. România în context european. Raport metodologic” (RO). „Die Rechte von Personen, die ihrer Freiheit beraubt werden. Rumänien im europäischen Kontext. Methodischer Bericht”, 2017, S. 1-4. Online verfügbar unter: http://www.prisonresearch.ro/rights/wp-content/uploads/Raport-metodologic.-Drepturile-persoanelor-private-de-libertate-in-Romania.pdf.
[23] Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC). „Mindestgrundsätze der Vereinten Nationen für die Behandlung der Gefangenen (Nelson-Mandela-Regeln)”, 2015.
[24] Țica, Gabriel. „Sistemul penitenciar românesc în context global” (RO) „Das rumänische Strafvollzugssystem im globalen Kontext.” Revista de Practică Penitenciară Nr. 1/2019; Administrația Națională a Penitenciarelor Universitatea Bucureşti Facultatea de Sociologie şi Asistenţă Socială, 2019, S. 8-9.
[25] Cace, Sorin; Lazar, Cristian. „Discriminarea împotriva romilor in justiţie şi sistemul penitenciar in România.” (RO) „Diskriminierung der Roma in der Justiz und im Strafvollzug in Rumänien.” Perspectivă comparată pentru ţările Europei Centrale şi de Est. Penal Reform International Romania, 2003, S.31.
[26] Murdoch, Jim; Jiricka, Vaclav. „Combaterea relelor tratamente în penitenciare.” (RO) „Bekämpfung der Misshandlung in Strafvollzugsanstalten”, 2016, S.28.
[27] Lohmann, Georg; Gosepath, Stefan; Pollmann, Arnd; Mahler, Claudia; Weiß, Norman. „Die Menschenrechte: Unteilbar und Gleichgewichtig.” Potsdam: Univ.-Verl. Potsdam, 2005, S. 7-8.
[28] Beitz, Charles R. „The Idea of Human Rights.” Vol. 9780199572458. Oxford University Press, 2009, S.7-8.
Lasă un răspuns
Trebuie să fii autentificat pentru a publica un comentariu.